René Mense – Komponist


 

 

Studie I: Schattenriss (2005)
für Orgel, 6'

UA am 13.7.2005 in der Marienkirche zu Bergen auf Rügen durch Christian Hanschke.

  Das Stück hat einen sehr ernsten, ich möchte fast sagen zwanghaften Charakter, der unmittelbar auf die Kompositionstechniken zurückgeht, die ich zur Anwendung gebracht habe. Es handelt sich hierbei  in aller Kürze um Zweierlei:

  Die Studie ist isorhythmisch komponiert. Isorhythmie ist eine Technik aus dem frühen 14. Jahrhundert, bei der eine bestimmt große Reihe von Tondauern beliebig oft wiederholt wird. Alle fünf Stimmen meiner Studie werden in dieser Weise viermal wiederholt.

  Eine der vielen Arten, die Tonabstände (Intervalle) der zwölfstufigen Grundskala zu ordnen ist, zwischen den so genannten großen und kleinen Intervallen zu unterscheiden. Drei Intervalle: die Quarte, der Tritonus (drei ganze Töne) und die Quinte kommen nur in „reiner“ Form vor. Alle anderen: nämlich Sekunde, Terz, Sexte und Septime gibt es wie gesagt zweifach.

  Davon ausgehend habe ich im Vorwege festgelegt, dass in der Studie nur die großen Intervalle und die obengenannten drei reinen sowohl melodisch als auch harmonisch verwendet werden dürfen. Daraus resultiert ein überaus schmales Ensemble von Tonschritten und Klängen und sicher auch der Eindruck einer gewissen Enge. Meine Aufgabe sah ich nun darin, einen Weg zu finden, auch die ausgeschlossenen Intervalle einzubeziehen.

  Da es meines Erachtens nach jedoch kein gutes Komponieren ist, eine Willkür (hier die Auswahl der zu verwendenden Intervalle) mit einer weiteren Willkür zu durchbrechen, verbot es sich also, die ausgeschlossenen Intervalle direkt zu bringen. Indirekt konnte ich es hingegen schon, in dem ich in die letzte Wiederholung der Dauernreihe manche Töne durch Pausen ersetzte. Dieser Zeitgewinn führte notwendig zu einer Erweiterung der möglichen Töne, denn das harmonische Umfeld hatte sich durch die Pausen so verändert, dass ich auch die ausgeschlossenen Töne setzen konnte, ohne die aufgestellte Regel zu verletzen.

  Schattenriss – Die regelhaft gesetzten Töne werfen eine Art Klangschatten, in dem das Ausgeschlossne sich zeigt. Dem galt meine Aufmerksamkeit.

Notenbeispiel (PDF)

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